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Aus dem Vorwort:
Das Durchschnittsalter der Bevölkerung wird auch in Zukunft weltweit weiter steigen. Dadurch kommt es zu einer starken Zunahme von Krankheiten, die erst im fortgeschrittenen Alter auftreten. Hierzu gehören besonders auch jene Hirnerkrankungen, die mit der Entwicklung einer Demenz einhergehen. Das Spektrum der geistigen Beeinträchtigungen bei den verschiedenen Demenzen ist umfassend. Es betrifft kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten, welche meist über mehrere Jahre in einem schleichenden Prozess unwiderruflich verloren gehen. Den klinischen Neurowissenschaften kommt damit ohne Zweifel eine entscheidende Rolle bei der medizinischen Bewältigung dieses Problems zu.
Dementielle Erkrankungen: ein neurologisches Problem und eine gesellschaftliche Herausforderung
Aber dementielle Erkrankungen sind bei weitem nicht nur ein neurologisches Problem. Besondere gesellschaftliche Herausforderungen jenseits der Medizin betreffen u.a. die Gestaltung von Infrastrukturen für Betreuung und Pflege sowie die Gestaltung der psychosozialen und seelsorgerlichen Begleitung der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Nicht zuletzt stellen sich angesichts der Möglichkeit einer Demenz grundlegende philosophische und theologische Fragen nach unserem Selbstbild: Wer sind wir, wenn wir eines Tages dement werden und die geistigen Fähigkeiten verlieren sollten, die unsere Personalität begründen? Bleiben wir in unserer Identität erhalten, oder ist der demente Mensch nur noch ein schwaches Abbild seiner selbst?
Tagung konzentrierte sich zunächst auf den Aspekt des Gedächtnisverlustes bei Demenz
Die Tagungen in der Reihe „Forum Neuroethik“ haben das Ziel, neuere Entwicklungen der Neurowissenschaften in ein interdisziplinäres Gespräch einzubringen. Die hier dokumentierte Tagung hat sich besonders auf den Aspekt des Gedächtnisverlustes bei Demenz konzentriert.
Dr. Christian Hoppe führte zu Beginn in das Thema aus psychologischer und neurowissenschaftlicher Sicht ein und trägt zum vorliegenden Band mit einem „Versuch über das Gedächtnis“ bei.
Prof. Dr. Thomas Klockgether, klinischer Direktor des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen und der Universitätsklinik für Neurologie, und der Bonner Neurowissenschaftler Prof. Dr. Jochen Walter haben dann in den aktuellen Stand der medizinischen Forschung eingeführt. Die Forschungsarbeiten von Prof. Klockgether liegen im klinischen Bereich und betreffen direkt die Diagnostik und Therapie bei Betroffenen. Darüber hinaus hat er in seinem Vortrag dankenswerterweise auch Einblicke in die Epidemiologie der Demenzen gegeben und ist dabei auch der Frage nachgegangen, welche zukünftigen Herausforderungen auf die Gesellschaft zukommen werden.
Prof. Walter stellte demgegenüber den Stand der experimentellen Grundlagenforschung vor. Insbesondere die Arbeit mit Tiermodellen kann dazu beitragen, wegweisende Erkenntnisse über die Entstehung von Demenzerkrankungen zu gewinnen.
Weitere Aspekte:
Pflegerischer Umgang mit Demenzkranken – Gedächtnis und Identität – Glauben mit Demenz
Im weiteren Verlauf der Tagung wurde die Demenz aus den Perspektiven anderer Disziplinen beleuchtet. Dr. Christine Riesner, Universität Witten-Herdecke, erläuterte die Erkenntnisse zum Umgang mit demenzkranken Menschen in der Pflege sowie die zukünftigen Bedarfe, welche man durch systematische Befragungen ermittelt hat. Dr. Frank Vogelsang ging in einer philosophischen Reflexion der Frage nach, wie wir uns unserer Identität versichern und welche Rolle dabei das Gedächtnis spielt. Schließlich reflektierte die Pfarrerin Dr. Andrea Fröchtling den Umgang mit demenzkranken Menschen aus theologischer Perspektive. Besonderen Wert legte sie dabei darauf, dass aus theologischer Sicht alle Menschen eine nur fragmentarische Identität besitzen und auf die heilende Zuwendung Gottes angewiesen sind, um zu ihrer Identität zu gelangen.
Das interdisziplinäre Gespräch über Demenz soll fortgesetzt werden
Die in dem Band dokumentierten Vorträge können selbstredend nur einen begrenzten Einblick in diese komplexe Thematik mit ihrer wachsenden gesellschaftlichen Brisanz gewähren. Die Vorträge und auch die teils sehr persönlichen Beiträge der Teilnehmenden während der Tagung haben aber eindrücklich gezeigt, wie wichtig gerade auch in diesem Bereich das interdisziplinäre Gespräch ist. Dies möchten wir daher auch in Zukunft sehr gerne fortsetzen.